Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um das Thema Grüner Wasserstoff.
Wasserstoff (H2) ist das häufigste Element des Universums und beinahe unbegrenzt verfügbar. Er kommt hauptsächlich in gebundener Form vor, beispielsweise in Wasser. Um ihn als Energieträger nutzen zu können, muss er zunächst extrahiert werden. In ungebundener Form ist Wasserstoff ein farb- und geruchsloses Gas. Er wird als „grün“ bezeichnet, sofern bei seiner Herstellung ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen (Sonne, Wasser, Wind, Biomasse) zum Einsatz kommt. Grüner Wasserstoff ist vielfältig einsetzbar und dient zugleich als Energieträger und Rohstoff: Von der Strom- und Wärmeversorgung, über die Verwendung als Kraftstoff in der Mobilität bis hin zur Rohstoffproduktion in der Chemieindustrie und Raffinerie findet Grüner Wasserstoff zahlreiche Anwendungsbereiche. Er ist besonders klimaschonend, da er zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien produziert wird. Bei seiner Herstellung und energetischen Verwertung fallen also keine CO2-Emissionen an.
Grauer Wasserstoff wird aus fossilen Kohlewasserstoffen gewonnen – meist mittels Dampfreformierung von Erdgas. Bei seiner Erzeugung entsteht Kohlenstoff, welcher als Kohlenstoffdioxid (CO2) ungenutzt in die Atmosphäre freigesetzt wird und so zur globalen Erhöhung der Treibhausgasemissionen beiträgt. Darüber hinaus sind fossile Brennstoffe wie Erdgas, Erdöl und Kohle endliche Ressourcen. Im Gegensatz zu Grauem Wasserstoff kann Grüner Wasserstoff zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden und erweist sich somit als vielversprechender CO2-freier Energieträger der Zukunft.
Neben Grauem Wasserstoff wird außerdem zwischen Blauem und Türkisem Wasserstoff entschieden. Gemäß der Definition der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung (NWS) ist die Herstellung von Blauem Wasserstoff an ein Verfahren zur Abscheidung und Speicherung von CO2 gekoppelt (engl. Carbon Capture and Storage, CCS). Kohlenstoffdioxid, das bei der Erzeugung als Nebenprodukt anfällt, wird so nicht in die Atmosphäre freigesetzt, sondern gespeichert bzw. in Folgeprozessen chemisch weiterverwertet. Diese Form der Wasserstoffproduktion weist eine neutrale CO2-Bilanz auf.
Türkiser Wasserstoff wird über die thermische Spaltung von Methan (Methanpyrolyse) hergestellt. Bei dem Prozess entsteht fester Kohlenstoff anstelle der direkten Emissionsfreisetzung. Das Verfahren kann als CO2-neutral betrachtet werden, sofern der bei der Erzeugung eingesetzte Hochtemperaturreaktor mit erneuerbaren Energien beheizt und der entstehende Kohlenstoff dauerhaft gebunden wird.
Da nur Grüner Wasserstoff in seinem Erzeugungsprozess vollständig CO2-frei ist und seine Verwendung langfristig eine nachhaltige Gestaltung der Energiewirtschaft garantiert, hat sich das Wasserstoffnetzwerk HYPOS in seinem Innovationsprojekt auf die Förderung des grünen Energieträgers fokussiert.
Grüner Wasserstoff bietet die Möglichkeit einer umweltfreundlichen Gestaltung der heutzutage besonders klimabelastenden Sektoren Industrie, Verkehr und Wärme. Nicht ohne Grund spricht man bei der grünen Zukunftsenergie von der „Batterie“ der Energiewende: Durch seine Flexibilität in Bezug auf Speicherung, Transport und Nutzung kann bedarfsübersteigender überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Form von Grünem Wasserstoff langfristig gespeichert und effektiv nutzbar gemacht werden. Zeitliche und räumliche Schwankungen der Stromgewinnung aus Solar- oder Windenergie, die witterungsbedingt bei der Strombereitstellung unvermeidbar sind, können so ausgeglichen werden.
Die Speicherung von regenerativem Strom mittels Grünem Wasserstoff gilt das Schlüsselelement zur Sektorenkopplung, meint die Verbindung der einzelnen, bislang getrennten Bereiche der Energieversorgung: Strom, Wärme und Mobilität. So können erneuerbare Energien in das Energiesystem integriert werden und finden Einzug in den besonders emissionsintensiven Wirtschaftssektoren der Stahl- und Chemieindustrie, des Schiffs- und Flugverkehrs und der Wärmeversorgung. Die Sektorenkopplung bildet die Grundlage für einen nachhaltigen Strukturwandel. Der Einsatz von Grünem Wasserstoff leistet folglich einen entscheidenden Beitrag für die Energiewende in Deutschland und trägt maßgeblich zur Dekarbonisierung unserer Gesellschaft bei.
Mithilfe von Grünem Wasserstoff ist es möglich, die emissionsintensiven Wirtschaftssektoren Industrie, Mobilität und Wärme nachhaltig umzustrukturieren. Die klimaschonende Zukunftstechnologie sorgt dafür, die Treibhausgasemissionen vor allem in den Bereichen zu reduzieren, in denen Energieeffizienz und eine direkte Nutzung von grün erzeugtem Strom nicht ausreichen.
Industrielle Verfahren zur Herstellung von Stahl, Zement und chemischen Grundstoffen sind besonders energieintensiv und setzen CO2 in großen Mengen frei. Für die Reduzierung der prozessbedingten Emissionen in der Industrie stellen innovative, emissionsarme Produktionsverfahren auf der Basis von erneuerbar erzeugtem Wasserstoff nachhaltige Lösungsansätze dar.Ersetzt man beispielsweise die konventionelle Hochofenmethode bei der Stahlerzeugung mit der Technologie zur Direktreduktion von Eisenerz durch Wasserstoff ist eine Einsparung von 97 Prozent der beim Herstellungsprozess anfallenden CO2-Emissionen möglich.
Auch im Verkehrssektor können H2-Anwendungen entscheidend zu einer klimaschonenden Transformierung dieser deutschen Kernbranche beitragen. Neben der Elektromobilität sorgen auf Grünem Wasserstoff basierte synthetische Kraftstoffe für einen emissionsarmen Fahrzeugantrieb. Da sich langfristig betrachtet bestimmte Bereiche des Verkehrssektors nicht ausschließlich direkt mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgen lassen, stellen Wasserstofflösungen hier zukunftsfähige Alternativen dar. Besonders Mobilitätsanwendungen im Luft- und Seetransport, im schweren Güterstraßenverkehr und im Öffentlichen Personennahverkehr weisen ein hohes Nutzungspotenzial für Grünen Wasserstoff auf. So können H2-Technologien den nachhaltigen Strukturwandel des Verkehrssektors in Deutschland maßgeblich mitgestalten.
In Deutschland hält das 2019 verabschiedete Klimaschutzprogramm jährliche Emissionsreduktionsziele für die einzelnen Wirtschaftssektoren bis zum Jahr 2030 fest. Das Klimaschutzgesetz bildet den rechtlichen Rahmen für die nationale Klimaschutzpolitik in der Bundesrepublik. Mit dem Vorhaben, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken, arbeitet die Industrienation dem langfristigen Ziel der Klimaneutralität bis 2050 schrittweise entgegen.
Im Sektor Energiewirtschaft wird in Deutschland der größte Anteil der Treibhausgas (THG-)emissionen verursacht. Die CO2-Abgase gehen überwiegend auf die Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Erdgas, Erdöl und Kohle zurück. Um eine vollständige Dekarbonisierung der Energie- und Wärmebereitstellung in Deutschland zu erzielen, sind der Ausstieg aus der Kohleverstromung, der Ausbau erneuerbarer Energien und die Steigerung der Energieeffizienz dringend notwendig. Hier nimmt Grüner Wasserstoff eine Schlüsselrolle auf dem Weg in eine klimaneutrale Wirtschaftsgestaltung ein.
Mit einem Anteil von 23 Prozent an den THG-Emissionen ist der Industriesektor nach der Energiewirtschaft der zweitstärkste Verursacher von klimaschädlichen Abgasen in der Bundesrepublik (Stand: 2018). CO2-Emissionen entstehen vor allem in den energieintensiven Branchen Stahl, Chemie, Zement, Glas, Nichteisenmetalle, usw. Genau in diesen Bereichen können Grüne H2-Anwendungen die konventionellen, emissionsintensiven Verfahren ersetzen.
In der Mobilität sollen bis 2030 etwa ein Drittel des Schwerlasttransports im Güterstraßenverkehr auf elektrischen Antrieb oder strombasierte Kraftstoffe umsteigen. So kann mithilfe von Grünem Wasserstoff die klimaschonende Umstrukturierung des Verkehrssektors ermöglicht werden.. Das Aktionsprogramm Power-to-X (PtX) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) soll zudem gezielt den Einsatz von Grünen Wasserstofftechnologien in den Bereichen Industrie und Verkehr als Alternative zu fossilen Energieträgern fördern.
Die Etablierung einer sauberen, grünen Wasserstoffwirtschaft trägt maßgeblich zur Dekarbonisierung unserer Gesellschaft und zur Reduzierung der bundes- und europaweiten Treibhausgasemissionen bei. So unterstützt die Förderung der Grünen Wasserstofftechnologie die Verwirklichung der nationalen und europäischen Klimaschutzziele.
50.000 Kilowattstunden (KWh) erneuerbarer Strom werden benötigt, um eine Tonne Grünen Wasserstoff herzustellen. Chemisch enthält eine Tonne Wasserstoff eine Energiemenge von 33.330 KWh. Die chemische Energie kann allerdings nicht vollständig in nutzbare Energie umgewandelt werden, da ein Teil der Energiemenge auf dem Weg zum Verbrauchenden verloren geht. Eine Tonne Wasserstoff kann sieben Drei-Personen-Haushalte in einem Mehrfamilienhaus (ohne Durchlauferhitzer) über einen Zeitraum von einem Jahr mit Energie versorgen.
Der Energiebedarf in Deutschland ist derzeit höher als die Energiemenge, die bundesweit produziert werden kann. Perspektivisch wird der Bedarf an Grünem Wasserstoff demnach die landeseigenen Ressourcen übersteigen, weshalb die im Juni 2020 verabschiedete Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung (NWS) eine Abhängigkeit von Importen aus dem Ausland fest einplant. Die Ludwig-Bölkow Systemtechnik GmbH (2019), ein Technologie- und Strategieberater im Bereich Energie, prognostiziert einen jährlichen Anstieg der Wasserstoffnachfrage bis 2050 auf rund 643 Terrawattstunden für die Bereiche Verkehr, Gebäude und Industrie. Das würde eine Reduzierung der CO2-Emissionen gegenüber 1990 von 95 Prozent und damit eine Erfüllung des Ziels der Klimaneutralität bedeuten. Das Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion geht davon aus, dass Deutschland bis 2050 darauf angewiesen ist, etwa 45 Millionen Tonnen Wasserstoff zu importieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beabsichtigt daher neben den heimischen Erzeugungspotenzialen auf strategische Partnerschaften im Ausland zu setzen.
Zur Herstellung von klimaschonendem Wasserstoff dienen sogenannte Power-to-Gas-Verfahren. Diese Technologien ermöglichen die Umwandlung von nicht bedarfsgerecht erzeugten Stromüberschüssen aus erneuerbaren Energiequellen in einen neuen gasförmigen Endenergieträger: Wasserstoff. So wird grüner Strom in Form von Wasserstoff speicherbar und transportfähig und kann nutzbringend eingesetzt werden.
Da Wasserstoff hauptsächlich in gebundener Form vorkommt, z.B. in Wasser, muss er zunächst extrahiert werden, bevor er als Energieträger anwendbar ist. Die Wasserelektrolyse gilt als Schlüsseltechnologie zur H2-Herstellung. Bei diesem Verfahren wird in einem Elektrolyseur Wasser unter Strom gesetzt, um es in seine Grundbestandteile Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) zu zersetzen. Der Wasserstoff wird dann zusammengepresst und kann unter hohem Druck oder in flüssiger Form gespeichert oder transportiert werden. Die gespeicherte Energie kann bei Bedarf kontrolliert und emissionsfrei zur Verwertung wieder freisetzt werden. Entscheidend ist, dass der bei dem Prozess verwendete Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen wie Solarparks, Windanlagen und Wasserkraftwerken bezogen wird. Die Verwendung von grünem Strom sorgt dafür, dass die gesamte H2-Wertschöpfungskette emissionsfrei und damit klimaschonend ist.
Für eine nachhaltige Wasserstoffherstellung hat die Technologie der Wasserelektrolyse derzeit das größte Zukunftspotenzial. Dabei sind drei wesentliche Verfahren von technischer Relevanz, die sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien hinsichtlich ihrer industriellen Anwendbarkeit befinden: Während die Alkalische Elektrolyse (AEL) und die Membran-Elektrolyse (PEM) bereits in industriellem Maßstab eingesetzt werden, befindet sich die Technologie der Hochtemperatur-Elektrolyse (HTES) noch in der Entwicklung. Perspektivisch ist die HTES-Technologie ein vielversprechendes Verfahren zur kostengünstigen Erzeugung von Grünem Wasserstoff.
HYPOS betreut mehrere Projekte, die sich der Erforschung und Optimierung der H2-Herstellungstechnologien widmen. So wird z.B. im Rahmen des Projekts MegaLyseurPlus an der Entwicklung, Design und des Aufbaus eines molekularen, innovativen und kosteneffizienten Elektrolyse-Systems gearbeitet. Das Verbundvorhaben forscht anhand einer Demonstrationsanlage am Standort Leuna mit dem Ziel der Optimierung des Gesamtsystems Elektrolyseanlage und der Etablierung von Voraussetzungen für die Entwicklung und den Betrieb von zukünftigen Großelektrolysesystemen.
Die Technologie der Wasserelektrolyse eignet sich besonders zur Herstellung von Wasserstoff, da als Nebenprodukt lediglich reiner Sauerstoff anfällt. Zudem findet überschüssiger, nicht unmittelbar verbrauchter Strom aus regenerativen Quellen eine energiewirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Verwertung. Das trägt zur Entlastung der Stromnetze bei und verschafft die Möglichkeit, erneuerbare Energie langfristig in Form von Wasserstoff zu speichern.
Die Produktions- und Gestehungskosten, die bei der elektrolytischen Herstellung des Energieträgers anfallen, setzen sich aus den Kosten für den Strombezug, den benötigten Rohstoffen (Wasser) und der Elektrolyseanlage zusammen. Je nach Anlagengröße, verwendeter Technologie und Stromkostenhöhe kann der Endpreis daher schwanken. Eine Kurzstudie der Greenpeace Energy e.G. (2020) ermittelte, dass sich die Kosten für Grünen Wasserstoff in Westeuropa gegenwärtig auf 15-18 Cent pro Kilowattstunde belaufen. Das entspricht 5 bis 6 Euro für ein Kilogramm H2 und ist etwa dreimal so viel wie bei der klimabelastenden Alternative. Damit sich der Energieträger also langfristig am Markt etablieren kann, muss das Preisniveau für die Anwendung von Grünem Wasserstoff deutlich gesenkt werden. Derzeit ist Grüner Wasserstoff noch teurer als der aus fossilen Brennstoffen erzeugte Graue Wasserstoff.
Die wachsende Ausrichtung des Energiesektors in Deutschland auf Grünen Wasserstoff soll den Einsatz von H2-Lösungen künftig attraktiver als konventionelle Energieträger gestalten. Die HYPOS-Initiative verfolgt das Ziel, die Kosten für Grüne Wasserstoffanwendungen entlang der gesamten Prozesskette zu reduzieren. So wurde im Rahmen des Projekts H2-Index II ein Analysetool zur ökonomischen Bewertung von Innovationen entlang der Wertschöpfungskette von Grünem Wasserstoff entwickelt, welche für das Ziel einer künftigen wirtschaftlichen Produktion besonders relevant sind.
Ein zentraler Vorteil von Grünem Wasserstoff liegt in der regionalen Wertschöpfung: Er lässt sich überall herstellen, wo Wasser und ausreichende Kapazitäten zur Erzeugung regenerativen Stroms vorhanden sind. So kann Wasserstoff lokal sowie global in großem Maßstab erneuerbar erzeugt werden. Besonders effizient ist die Produktion in unmittelbarer Verknüpfung mit ertragreichen Standorten zur erneuerbaren Energiegewinnung z.B. Solar- oder Offshore-Windparks.
Neben der geografischen Lage und den damit verbundenen gegebenen Klimaverhältnissen spielt also der Ausbau relevanter Infrastrukturen für die Herstellung, Speicherung, Transport und Verwertung von Grünem Wasserstoff eine maßgebende Rolle bei der Standortwahl. Das deutschlandweite Wasserstoffnetzwerk HYPOS ist explizit in der Region Mittel- bzw. Ostdeutschland angesiedelt, da das hohe Potenzial für die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und die gegebenen Infrastrukturen rund um das Mitteldeutsche Chemiedreieck diese als Vorzugsregion für die Umsetzung einer Grünen Wasserstoffwirtschaft prädestinieren.
Ein entscheidender Vorteil des CO2-frei gewonnenen Grünen Gases ist seine Flexibilität bezüglich Speicherung und Transport. Der erzeugte Wasserstoff lässt sich entweder in H2-Großspeichern lagern oder dezentral einspeichern. Die gespeicherte Energie kann dann bedarfsgerecht und emissionsfrei zu einem späteren Zeitpunkt freigesetzt werden. Der HYPOS e.V. stärkt die Erforschung und Etablierung von Speichertechniken und -infrastrukturen in Deutschland. Im Rahmen des Projekts H2-Forschungskaverne wird eine Speicherforschungsplattform am Betriebsstandort Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) des Gasspeicherbetreibers VNG Gasspeicher GmbH entwickelt, welche die Wasserstoffspeicherung in einer Salzkaverne erprobt. Die Plattform stellt ein Leuchtturmprojekt zur Entwicklung von Materialien und Technologien zur großindustriellen H2-Speicherung aus regenerativem Strom dar.
Grüner Wasserstoff ist zudem über weite Strecken nahezu verlustfrei transportierbar. Er kann nach der Produktion in spezielle H2-Pipelines eingespeist oder direkt in bestehende Erdgasinfrastrukturen überführt werden. Dies ermöglicht die Versorgung einer Vielzahl von industriellen Abnehmer*innen mit dem klimaschonenden Energieträger. Nicht ohne Grund ist die Modellregion des HYPOS-Netzwerks in Mitteldeutschland angesiedelt: Durch Sachsen und Sachsen-Anhalt verläuft entlang der A9 die 150 Kilometer lange und damit zweitlängste Wasserstoffpipeline Deutschlands, welche den effizienten Transport von Grünem Wasserstoff gewährleisten kann. Die Pipeline versorgt bereits heute verschiedene Wasserstoffabnehmende aus dem Kraftstoff- und Chemiesektor sowie dem Industriezweig der Ammoniakherstellung. Neben der Einspeisung in H2-Netzwerkstrukturen eröffnet der dezentrale Abtransport des Grünen Gases in LKWs oder Tankschiffen weitere Anwendungs- und Distributionswege.
Grüner Wasserstoff wird bislang in Deutschland nur in sehr geringen Mengen produziert. In der Bundesrepublik gibt es derzeit 34 betriebsfähige Power-to-Gas-Anlagen mit einer Gesamtleistung von ca. 30 Megawatt. Bei den Anlagen handelt es sich um Pilot- und Demonstrationsanlagen, wobei der aus erneuerbaren Energien erzeugte Wasserstoff entweder direkt genutzt oder in das vorhandene Erdgasnetz eingespeist wird. Die Einspeisung von Grünem Wasserstoff in das vorhandene Gasnetz sorgt für eine effiziente nachhaltige Energieversorgung. In der Theorie können die gegebenen Infrastrukturen bereits die Hälfte aller Haushalte in Deutschland mit dem grünen Gas versorgen. Das HYPOS-Projekt H2-PIMS erforscht die Umnutzung bestehender Erdgasinfrastrukturen für den Transport von Wasserstoff und wasserstoffhaltigen Gasen. Im Rahmen der Projektarbeit wurde ein innovatives Bewertungssystem (Pipeline Integrity Management System, PIMS) für den Transport von Wasserstoffgemischen in Rohrfernleitungen entwickelt.
In der im Juni 2020 verabschiedeten Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung werden erstmals quantitative Zielsetzungen für den Ausbau der H2-Erzeugungsanlagen in Deutschland formuliert. So ist eine Installation von 5 GW Elektrolyseleistung bis 2030 einschließlich der dafür erforderlichen erneuerbaren Energiegewinnung geplant. Mit diesen Kapazitäten wäre eine grüne Wasserstoffproduktion von bis zu 14 TWh möglich. Bis 2035 sollen die Anlagen dann um weitere 5 GW ausgebaut werden.
Das zentrale Anliegen des HYPOS e.V. ist die modellhafte Verbindung von Chemiestoffstromnetz und Erdgasnetz mit den elektrischen Netzen in Deutschland, damit die Erzeugung von Grünem Wasserstoff Wirtschaftlichkeit erreicht und so langfristig eine nachhaltige Umstrukturierung des Energiesektors gewährleistet werden kann.
Auf der Grundlage von Grünem Wasserstoff lassen sich weitere Folgeprodukte herstellen. Die Verfahren zur Herstellung dieser auf CO2-frei gewonnenem Wasserstoff basierenden Produkte fallen unter den Begriff „Power-to-X“. Dabei wird elektrische Energie (Power) in einen stofflichen Energieträger (X), hier Wasserstoff, umgewandelt. Liegen die erzeugten Produkte in gasförmiger Form vor, bezeichnet man die Technologien als Power-to-Gas.
Um Wasserstoff nutzen zu können, wird er zusammengepresst und unter hohem Druck bzw. in flüssiger Form gespeichert oder transportiert. Wasserstoff kann zu geringen Anteilen in das Erdgasnetz eingespeist werden und ermöglicht es so, industrielle oder private Abnehmer*innen mit Strom und Wärme zu versorgen.
Grüner Wasserstoff ist ein vielfältig einsetzbarer Energieträger, der vor allem in den Sektoren Verwendung findet, die sonst wenig CO2-Einsparpotenzial bieten. Er wird überall dort benötigt, wo sich auf absehbare Zeit keine sinnvollen, umweltfreundlichen Alternativen zu fossilen Energieträgern ergeben. Die drei zentralen Anwendungsbereiche von Grünem Wasserstoff stellen die Verbrauchssektoren Industrie, Mobilität und Wärme dar.
In der Industrie
Wasserstoff ist ein wichtiger Grundstoff für Produktionsprozesse in diversen energieintensiven Industriezweigen. Mittels Power-to-X-Verfahren hergestellter Wasserstoff und wasserstoffbasierte Rohstoffe finden bei der Stahl- und Metallproduktion, der Herstellung von Aluminium, Glas und Zement sowie in den Branchen Chemie, Raffinerie und Lebensmittelverarbeitung Verwendung. Vor allem in der Stahl- und Chemieindustrie gibt es einen hohen Bedarf an Grünem Wasserstoff. Das CO2-frei erzeugte Gas beheizt Industrieöfen bei der Stahlherstellung und fungiert als Rohstoff für die Produktion einer Vielzahl von chemischen Produkten sowie Düngemitteln.
In der Mobilität
Neben der Elektromobilität stellen synthetische Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis eine sinnvolle Ergänzung für den Verkehrssektor dar. Auf erneuerbarem Strom basierte E-Fuels ermöglichen einen klimaschonenden Antrieb von Fahrzeugen mithilfe eines Brennstoffzellenmotors. Dabei wird elektrische Energie durch CO2-freien Wasserstoff in einer Brennstoffzelle erzeugt und treibt den Elektromotor an. Das entweichende Abgas eines H2-betriebenen Fahrzeugs ist lediglich ungiftiger Wasserdampf.
Langfristig betrachtet werden Wasserstoffanwendungen klimaschonende Lösungen in den Bereichen des Verkehrssektors darstellen, in denen eine direkt-elektrische Versorgung aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll ist. Grüner Wasserstoff eignet sich als emissionsfreie Antriebsalternative für Flugzeuge und Containerschiffe im Bereich des Gütertransports über den Luft- und Seeweg, für schwere Nutzfahrzeuge im Güterstraßenverkehr sowie für Busse und Züge im Öffentlichen Personennahverkehr.
In der Wärmeversorgung
Auch für den Wärmesektor eröffnet Grüner Wasserstoff Potenziale für eine klimafreundlichere Gestaltung der Energieversorgung. So kann das Grüne Gas in den Bereichen Industrieprozesswärme und Gebäudewärme nutzbringend eingesetzt werden, um die deutsche Energiewirtschaft langfristig auf erneuerbare Energien umzustellen. Mithilfe der Technologie einer Brennstoffzellenheizung können Gebäude dezentral und CO2-frei mit Wärme versorgt werden. Aus Kosten- und Energieeffizienzgründen ist der Einsatz von Grünem Wasserstoff für die Gebäudebeheizung jedoch aktuell nicht wirtschaftlich sinnvoll – hier eignet sich die Wärmepumpentechnologie für eine klimaschonende Wärmeversorgung.
Der Umgang mit Wasserstoff ist nicht grundsätzlich gefährlicher als mit anderen Energieträgern wie Erdöl oder Erdgas. In Deutschland und Europa gibt es entsprechende Sicherheitsvorschriften für Wasserstoff wie auch für andere brennbare Gase.
Damit es zu einer Explosion kommt, muss Wasserstoff im Gemisch mit einem sog. Oxidator vorliegen, z.B. Luft bzw. Sauerstoff oder Stoffen wie Chlor und es muss eine wirksame Zündquelle einwirken, z.B. ein elektrisch oder mechanisch erzeugter Funke, eine ausreichend heiße Oberfläche oder eine ausreichend starke elektrostatische Entladung. Erst bei einem H2-Anteil von mindestens 4 Vol-% bildet Wasserstoff in Luft ein explosionsfähiges Gemisch. Bei Wasserstoffanteilen von mehr als 77 Vol-% in Luft wird die obere Explosionsgrenze bei atmosphärischen Bedingungen überschritten und eine Entzündung ist aufgrund des Sauerstoffmangels nicht mehr möglich, d.h. es kommt nicht mehr zu einer selbstständigen Flammenausbreitung. Wasserstoff ist 14 Mal leichter als Luft und verflüchtigt sich daher schnell. Kommt es zu einem Austritt aus einem Speichertank, entweicht es in der Regel nach oben. Eine Anreicherung in Bodennähe ist im Vergleich mit schwereren Gasen, wie Propan unwahrscheinlicher. Das Gefahrenpotenzial sinkt dadurch bedeutend.
Wasserstoff wird seit Jahren vielseitig industriell eingesetzt, sodass ein breites Erfahrungsspektrum Sicherheit bei der Erzeugung, Handhabung und stofflichen Verwendung des Gases garantiert. Die Einhaltung von strengen Sicherheitsstandards beim Umgang mit energietragenden Substanzen wie Wasserstoff hilft zu gewährleisten, dass die Energie ausschließlich gezielt und in gewünschtem Maß freigesetzt wird. So ist Wasserstoff bei korrektem Umgang ein sicherer Energieträger.
Innerhalb der vom HYPOS e.V. initiierten Projekte befassen sich die Verbundvorhaben INES und HyProS mit der Wahrung und Erhöhung des Sicherheitsniveaus im Umgang mit grünen Wasserstofftechnologien. Während im Rahmen von „HyProS“ eine Prozess- und Sicherheitssensorik für das H2-Qualitätsmanagement entwickelt wurde, beschäftigen sich die Partner*innen des INES-Projekts mit der Entwicklung einer Methodik für eine integrative Erhöhung des Sicherheitsniveaus entlang der gesamten technisch-technologischen H2-Wertschöpfungskette.
Am 10. Juni 2020 verabschiedete die Bundesregierung eine Nationale Wasserstoffstrategie (NWS). Im Zentrum der Strategie steht das Ziel, Wasserstoff – insbesondere erneuerbar hergestellter Grüner Wasserstoff – als Schlüsselelement der Energiewende in Deutschland zu etablieren. Mit einer Förderung von neun Milliarden Euro will die Bundesregierung den Energieträger markt- und wettbewerbsfähig machen. In 38 Maßnahmen formuliert die NWS Ziele und Handlungsbedarfe, die einen Aktionsplan für den Zeitraum bis 2023 bilden sollen. Diese umfassen sowohl die Erzeugung von Wasserstoff im Allgemeinen als auch die konkreten Anwendungsbereiche Verkehr; Industrie; Wärme; Infrastruktur/Versorgung; Forschung, Bildung und Innovation; Europäischer Handlungsbedarf sowie den Internationaler Wasserstoffmarkt und außenwirtschaftliche Partnerschaften. Einhergehend mit der NWS etablierte die Bundesregierung eine dauerhafte Governance-Struktur, um die Strategie in Zukunft konsequent umsetzen und stetig weiterentwickeln zu können. Dazu gehört die Einrichtung eines Nationalen Wasserstoffrates als beratendes Fachgremium.
In einem Positionspapier nimmt der HYPOS e.V. Stellung zur Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie. Darin bewertet das Netzwerk die NWS als Meilenstein und wichtiges Aufbruchssignal für eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft. Die Initiative lobt die Anerkennung des Potenzials von Grünem Wasserstoff für die Energiewende in Deutschland und begrüßt die geplanten Förderanstrengungen seitens der Bundesregierung. Dennoch gibt es Verbesserungsbedarfe in einigen Aspekten: So kritisiert das HYPOS-Konsortium die einseitige Besetzung des Nationalen Wasserstoffrates. Der Verein fordert die Bundesregierung dazu auf, Branchenunternehmen des Klein- und Mittelstandes, Vertretende der Gas- und Wasserstoffverbände sowie Fachjurist*innen in das Gremium einzubeziehen. Eine konstante Beteiligung der Wasserstoffinitiativen in Deutschland ermöglicht es, regionales und lokales Knowhow effektiv in den Diskurs einzubinden.
Politik
Als Grundlage für die Wirtschaftlichkeit und öffentliche Akzeptanz des Potenzials von Grünem Wasserstoff als erneuerbarer Energieträger müssen entsprechende regulatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden. Zu den Maßnahmen, welche die H2-Produktion künftig wirtschaftlich und klimapolitisch wirksam gestalten können, zählen u.a. eine Anpassung des Abgaben- und Umlagensystems im Strom- und Gasmarkt, Verbrauchsquoten für Grünen Wasserstoff, eine ambitionierte Umsetzung der RED II und ein effektiver CO2-Preis.1 Seitens der Branchenakteure wird vor allem die Notwendigkeit einer Befreiung der EEG-Umlage, die bei der Umwandlung von Wind- und Solarstrom in Wasserstoff anfällt, deutlich.
Technologie
Die deutsche Wasserstoffbranche verfügt hinsichtlich der Erzeugung und Verwertung von Grünem H2 bereits über ein breites Knowhow. Um den erneuerbaren Wasserstoff in industriellem Maßstab energie- und kosteneffizient zu produzieren, bedarf es jedoch der Weiterentwicklung der bisherigen Technologien und Kapazitäten. Dazu zählen die Ausrichtung der bestehenden Erzeugungsanlagen auf eine großindustrielle Produktion, die Optimierung der Elektrolyseverfahrenstechnologien und eine deutliche Kostendegression der Prozessschritte entlang der gesamten H2-Wertschöpfungskette.
Infrastruktur
Deutschland verfügt über eine gut ausgebaute und weit verzweigte Gasnetzinfrastruktur. Um Grünen Wasserstoff künftig fest im Energiesystem zu integrieren, muss die Transport- und Verteilinfrastruktur auf das grüne Gas ausgerichtet bzw. weiter ausbaut werden. Im Rahmen der Maßnahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie sollen vorhandene Fernleitungs-Erdgas-Infrastrukturen auf ihre Eignung für eine Umstrukturierung für den reinen Wasserstofftransport untersucht werden.5 Sinnvoll gestaltet sich auch der Ausbau eines eigenen Wasserstoff-Transportnetzes, welches den gesamten bundesweiten Raum abdecken kann.
Gesellschaftliche Akzeptanz
Derzeit findet die Wasserstoffdebatte vorwiegend auf brancheninterner und wirtschaftspolitischer Dialogebene statt. Um eine allgemeine gesellschaftliche Wertschätzung für die Potenziale von Grünem Wasserstoff im Kontext einer bundesweiten Energiewende zu schaffen, muss das Thema verstärkt im Diskurs der breiten Öffentlichkeit Einzug halten. Insbesondere in Hinsicht auf eine nachhaltige Gestaltung der Energiewirtschaft und die Klimaschutzanstrengungen von Bund und EU ist die Akzeptanz von Grünem Wasserstoff als Energieträger der Zukunft in der Gesellschaft von großer Bedeutung.