Eng verbunden mit dem Wasserstoffdorf im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen ist auch das HYPOS-Projekt H2-Home. Im Projekverbund um das Berliner Unternehmen inhouse engineering entwickelten die Partner ein integratives System zur Bereitstellung von elektrischer und thermischer Energie für Mehrfamilienhaus und Gewerbeeinrichtungen durch ein Wasserstoff-BHWK. Im mehrjährigen Probebetrieb im Wasserstoffdorf erfolgte im weiteren Projektverlauf der Test und die Weiterentwicklung der Anlagekompenten. Im Gespräch blicken Christoph Hildebrandt und Steffen Theuring von inhouse engineering auf die Projekthintergründe und seine Ergebnisse zurück.
HYPOS: Was war die Idee, die zur Initiierung des Projekts geführt hat?
Hildebrandt: Mit dem HYPOS-Projekt hat sich erstmals die Möglichkeit geboten, unsere Brennstoffzelle mit reinem Wasserstoff und nicht mit einem wasserstoffreichen Gas aus der Dampfreformierung von Erdgas zu betreiben. Mit HYPOS ist die Produktion, der Transport und die Nutzung von Wasserstoff, der möglichst mit erneuerbaren Energien erzeugt wurde, klar in den Fokus gerückt. Wasserstoff und Brennstoffzelle, das gehört zusammen wie Butter und Brot, war aber vor HYPOS nicht relevant bzw. wurde nur für spezielle Anwendungen wie eine USV (unterbrechungsfreie Stromversorgung) diskutiert.
HYPOS: Mit welchen Zielen und Hoffnungen sind Sie in das Projekt gestartet?
Theuring: Basierend auf unserer Technologie für einen Reformat-PEM Brennstoffzellen-Stack und ein BHKW mit integriertem Erdgas-Dampf-Reformer, wollten wir ein vergleichbares BHKW entwickeln. Dieses sollte geeignet sein für die Nutzung von reinem Wasserstoff ist. Wir wollten eine saubere, CO2 freie und hocheffiziente Lösung für die stationäre Energieversorgung anbieten. Mit einem elektrischen Wirkungsgrad von > 50 % und einem Gesamtwirkungsgrad > 95 % ist uns ein hocheffizientes System gelungen. Mit dem Einsatz von Wasserstoff aus erneubaren Energien erreichen wir dann auch zukünftig die CO2-Freiheit. Ein weiteres Ziel war der Probetrieb im Wasserstoffdorf und die Verbindung mit dem HYPOS-Projekt H2-Netz. Damit erhofften wir uns wichtige Einblicke und Erkenntnisse zum H2-BHWK bspw. zu den Themen Sicherheit mittels Odorierung des Wasserstoffs oder möglichen Versorgungsdrücke z.B. für einen H2-Hausanschluss.
HYPOS: Welche Innovationen konnten im Rahmen der Projektarbeit erreicht werden?
Hildebrandt: Mit dem BHKW inhouse5000+hydrogen wurde ein Prototyp für ein reinwasserstofftaugliches Brennstoffzellen-BHKW entwickelt und erprobt. Aktuell wird das System von inhouse weiter entwickelt zum Produkt und soll bis Ende diesen Jahres eine CE Zertifizierung erhalten. Damit können wir als einer von sehr wenigen Anbietern eine Lösung für die stationäre Energieversorgung mit Wasserstoff anbieten. Wird dieser Aspekt momentan noch etwas ausgeblendet, sind wir überzeugt, dass dies notwendig sein wird und PEM-Brennstoffzellen-BHKW ein Baustein in einer Wasserstoffwirtschaft sein wird. Weiterhin wurde ein Patent angemeldet und erteilt (DE 10 2020 109 892.8 – Brennstoffzellensystem zur Strom- und Wärmeerzeugung sowie Verfahren zum Betreiben des Brennstoffzellensystems).
Die intensive Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen der MITNETZ GAS und des DBI im Projekt H2-Netz hat uns einen großen Know-how und Erkenntniszuwachs gebracht. Dieser war und ist für die weitere Entwicklung des BHKW inhouse5000+hydrogen von großer Bedeutung. Das BHKW wurde in seinem Design von den Anforderungen seitens der Infrastruktur stark beeinflusst.
HYPOS: Welchen Herausforderungen/Hürden/Überraschungen sind Sie während der Projektarbeit begegnet?
Theuring: Herausstellen möchten wir die wirklich sehr gute Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen im Wasserstoffdorf, die wir so noch in keinem anderen Projekt erlebt haben. Eine hohe Sichtbarkeit erhielt das Projekt durch den Energiepavillon, den das H2-BHKW mit entsprechender Energie versorgte. Mit dem innovativem Angebot der Tage der offenen Tür konnten sich interessierte Gäste einen Überblick über die Wasserstofftechnologien verschaffen und mit den jeweiligen Expert*innen ins Gespräch kommen. Die große Ressonanz hat uns überrascht und gefreut.
Als große Herausforderung hat sich im Projektverlauf die Corona-Pandemie herausgestellt. Dazu gehören Personalausfälle, Lieferprobleme oder massive Preiserhöhungen. Es mussten oft kreative Lösungen gefunden werden und alternative Wege beschritten werden. Im Projektverlauf hat sich auch immer wieder gezeigt, dass Anbieter für H2-Komponenten, wie z.B. H2 Rezirkluationskompressoren, selten sind. Das Risiko von Abhängigkeiten und Ausfällen ist hoch.
HYPOS: Worin sehen Sie den langfristigen Nutzen Ihrer Projektarbeit auch nach Abschluss des Projekts?
Hildebrandt: In Verbindung mit dem HYPOS-Gedanken erfüllt das Vorhaben H2-Home alle drei Prämissen einer nachhaltigen Energieversorgung. Durch erneuerbare Energieträger wird via Elektrolyse Wasserstoff in EE-ertragreichen Zeiten generiert, was zur Stabilisierung der Stromnetze (Zuverlässigkeit) und umweltschonenden Erzeugung (Nachhaltigkeit) von chemischen Energieträgern beiträgt. In EE-ertragsschwachen Zeiten kann, über die im Vorhaben entwickelte, hocheffiziente KWK-Technologie Strom für das Netz bereitgestellt werden, was ebenfalls netzstabilisierend wirkt. Auf der anderen Seite kann mittels PEM-Brennstoffzellen basierten BHKW sehr kostengünstig Strom, Wärme und Kälte (Bezahlbarkeit) für das versorgte Gebäude bedarfsorientiert erzeugt werden. Unter Verwendung von PEM-Brennstoffzellen kann Wasserstoff zeitnah in die dezentrale, häusliche Energieversorgung integriert werden. Dieser Brennstoffzellentyp eignet sich hervorragend für die Verstromung von reinem Wasserstoff und besitzt, getrieben durch die Entwicklungen im Automobilsektor und der Brennstoffzellenentwicklung in Japan eine hohe technische Reife. Die erzielbaren elektrischen Wirkungsgrade von 50% und mehr, welche auch im Projekt nachgewiesen werden konnten, liegen deutlich über den von konventionellen KWK-Systemen.
HYPOS: Vielen Dank für das Gespräch. Weitere Informationen zum H2-Home finden Sie hier.
Auch in diesem Jahr können Interessierte wieder das Wasserstoffdorf im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen besuchen. Die Termine für den Tag der offenen Tür finden Sie hier.