Vorläufiger Stand der Trassierung für das geplante Wasserstoffnetz-Mitteldeutschland; Bildnachweis: INFRACON Infrastruktur Service GmbH & Co. KG
Bereits in wenigen Jahren benötigen Industrie und Energiewirtschaft in Mitteldeutschland jährlich mindestens 30 Terrawattstunden grünen Wasserstoff. Um diesen Bedarf zu decken, soll ein bis zu 1.000 Kilometer langes Wasserstoff-Verteilnetz in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen entstehen. Das sind zwei der am gestrigen Montag präsentierten Zwischenergebnisse der laufenden Studie „Wasserstoffnetz Mitteldeutschland 2.0“ im Auftrag von insgesamt 54 privatwirtschaftlichen und öffentlichen Partnern.
So können die Verfasser der Studie aus den Bedarfsabfragen bei den beteiligten Unternehmen bereits für das Jahr 2030 einen jährlichen Bedarf von 750.000 Tonnen bzw. 30 Terrawattstunden (TWh) grünem Wasserstoff ableiten. Bis zum Jahr 2040 könnte diese Nachfrage durch die mitteldeutsche Industrie auf rund 1.3 Millionen Tonnen bzw. 50 TWh steigen. Demgegenüber sieht die Studie im Betrachtungsgebiet das Potenzial für den Zubau von circa 55 Gigawatt (GW) an installierter Leistung von Wind- und Solarenergie. Zum Vergleich: in den drei Bundesländern Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen sind aktuell (Stand: 10/2020) rund 16 GW Leistung an Erneuerbaren Energien installiert.
„Die ersten Ergebnisse zeigen, dass sich bereits in wenigen Jahren ein sehr hoher Bedarf der mitteldeutschen Unternehmen an grünem Wasserstoff abzeichnet. Eine Entwicklung, die sich in den 2030er Jahren weiter deutlich beschleunigen wird. Diese Nachfrage wird auch bei einem konsequenten Ausbau der Wind- und Photovoltaik-Potenziale nur zu einem kleineren Teil durch regionale Erzeugung zu decken sein“, betont Jörn-Heinrich Tobaben, 1. stellvertretender Vorsitzender des HYPOS e.V. und Geschäftsführer der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland. „Um diese Lücke zwischen regionalem Angebot und Nachfrage schließen zu können, muss die Region so zügig wie möglich über das regionale Verteilnetz an die geplante europäische und nationale Wasserstoff-Infrastruktur angebunden und die regionalen EE-Potenziale bestmöglich erschlossen werden“, ergänzt Gert Müller-Syring, Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsleitung der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH.
Um das sicherzustellen, legt die Zielnetzplanung im Rahmen der Studie jetzt ein erstes, validiertes Trassierungskonzeptes auf Basis der 80 durch die Studienpartner gemeldeten Anschlusspunkte vor. Demnach würde das mitteldeutsche Verteilnetz für grünen Wasserstoff eine Gesamtlänge von ca. 1.000 Kilometer aufweisen und große Teile der drei Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen abdecken. Über ein Drittel der Länge könnte durch die Umwidmung bestehender Erdgasleitungen entstehen, rund 600 Kilometer Leitungen müssten neu gebaut werden. „Im weiteren Projektverlauf wollen wir im engen Austausch mit den beteiligten Netzbetreibern die Netzlänge weiter optimieren und zusätzliche Umstellpotenziale identifizieren, um so den Anteil an Neubauleitungen zu reduzieren“, sagt Dr. Ulf Kreienbrock, Geschäftsleiter der INFRACON Infrastruktur Service GmbH & Co. KG. Neben der großflächigen Anbindung der industriellen Verbraucher in der Region ist die Anbindung an das ab 2032 geplante, nationale Wasserstoff-Kernnetz sowie den European Hydrogen Backbone integraler Bestandteil der Trassenplanung die auch bereits bekannte Infrastrukturprojekte wie „Green Octopus Mitteldeutschland“, „Doing Hydrogen“, „TH2ECO“ und lokale Vorhaben berücksichtigt.
Die gemeinsam von der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland, dem Wasserstoff-Netzwerk HYPOS, der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH sowie der INFRACON Infrastruktur Service GmbH & Co. KG initiierte Studie „Wasserstoffnetz Mitteldeutschland 2.0“ wird im Auftrag von 54 regionalen Partnern aus Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen durchgeführt, darunter 13 Netzbetreiber, 29 Bedarfsträger/Erzeuger und 12 Unterstützer. Damit ist sie die größte privatwirtschaftlich finanzierte Untersuchung dieser Art in Deutschland. Die finalen Ergebnisse werden voraussichtlich im Sommer 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt.
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